Forschungsprojekt Mobilitätsstudie „Wege und Wohnen“: So bewegt sich Hohenschönhausen

Hohenschönhausen im Jahr 2023: Die Menschen nutzen intensiv sämtliche Formen von Mobilität, die eine Großstadt zu bieten hat. Sie sind etwa genauso oft mit dem Auto unterwegs wie mit Bus, Bahn und Fahrrad zusammen. Jede:r Dritte würde sich über eine elektrische Ladestation in der Nähe des eigenen Hauses freuen. Jede:r Fünfte selbstfahrende Busse zumindest ausprobieren. Stellplätze für den eigenen PKW bleiben wichtig. Doch gerade in Kiezen mit vielen Neubauprojekten wächst außerdem der Wunsch nach mehr Bus und Bahn – und nach Radwegen. Das zumindest hat die Umfrage „Wege und Wohnen“ ergeben, welche die HOWOGE zusammen mit zwei weiteren lokalen Akteuren und mit wissenschaftlicher Expertise der Technischen Universität Dortmund für Hohenschönhausen konzipiert hat

Ohne Mobilitätsnetzwerke geht es nicht. An den Tisch müssen mindestens die Wohnungsunternehmen mit großen Beständen und solche, die neu bauen.

Christoph Neye | Leiter Mobilität bei der HOWOGE

Noch nimmt die Infrastruktur die Verkehre auf…

Und wie lässt sich all das in einem so dicht besiedelten Stadtviertel vereinbaren? „Am besten zusammen mit allen Beteiligten“, sagt Christoph Neye, Teamleiter Mobilität der HOWOGE. „Fragile Stabilität“, nennt er das, was bei der Umfrage herausgekommen ist. Irgendwie nimmt die Infrastruktur im Kiez all die unterschiedlichen Wünsche noch auf. „Doch jedes größere Projekt hat das Potenzial, schwelende Konflikte um Räume aufbrechen zu lassen. Deshalb ist es wichtig, dass sich die wesentlichen Akteure im Quartier gut abstimmen und ihre Planungen miteinander verzahnen.“

Mehr als 1.000 Haushalte in Hohenschönhausen haben sich an der Online-Befragung beteiligt. Die Auswertung hat die wissenschaftliche Mitarbeiterin Katja Schimohr durchgeführt. An der Fakultät für Raumplanung der Technischen Universität Dortmund untersucht sie, wie Mobilitätswünsche beeinflussen, in welche Viertel Menschen ziehen – ob also jemand, der viel Fahrrad fährt, eher in der Innenstadt wohnen will und jemand, dem das eigene Auto wichtig ist, einen Außenbezirk wählt, wo es mehr Stellplätze gibt. In dem Forschungsprojekt „STAWAL – Stadtstruktur, Wohnstandortwahl und Alltagsmobilität“ evaluiert sie unter anderem Mobilitätskonzepte in den Metropolregionen Ruhrgebiet, München und Berlin. Auch hier ist die HOWOGE beteiligt.

…doch immer mehr unterschiedliche Wünsche führen zu Konflikten

Für eine gute Verkehrsplanung ist es wichtig, Präferenzen bei der Mobilität zu kennen“, sagt Katja Schimohr. So betonen etwa viele Menschen, die in Außenbezirken wohnen, auf ein Auto angewiesen zu sein, weil der Nahverkehr hier weniger gut ausgebaut ist als in den zentralen Vierteln. Doch oft sei es in der Realität genau umgekehrt, sagt die Forscherin: nämlich so, dass diese Menschen gerade deshalb in einen Außenbezirk ziehen, weil sie ohnehin viel lieber Auto fahren und es dafür dort mehr Platz gibt.

In Ballungszentren wie Berlin kommt nun aber mit der Wohnungsknappheit noch eine weitere Herausforderung hinzu: Die Menschen haben immer weniger Wahlfreiheit und ziehen dorthin, wo sie eben eine Wohnung gefunden haben. In der Folge überlagern sich unterschiedliche Mobilitätsformen und treten zueinander in Konkurrenz – in einem Raum, in dem ohnehin immer weniger freier Platz für Verkehr und Mobilität zur Verfügung steht. Die Ergebnisse der Befragung „Wege und Wohnen“ deuteten darauf hin, dass dieser Prozess in Hohenschönhausen schon weit fortgeschritten sei, sagt Katja Schimohr. „Gerade den großen Wohnungsbaugesellschaften kommt hier in Zukunft sicher stärker als bisher eine moderierende Rolle zu.“

Ohne Mobilitätsnetzwerke geht es nicht

Auch deshalb hat die HOWOGE ihren Mobilitätsbeauftragten Christoph Neye eingestellt. Seine Aufgabe ist es, Mobilitätskonzepte für die Quartiere der HOWOGE-Bestände zu entwickeln. Dazu gehört, bei allen Neubauprojekten mögliche Konflikte im Verkehrsraum mitzudenken. Sein Fazit: „Ohne Mobilitätsnetzwerke geht es nicht. An den Tisch müssen mindestens die Wohnungsunternehmen mit großen Beständen und solche, die neu bauen.“ So gehört die HOWOGE etwa zu den Erstunterzeichnenden der Charta „Intelligente Mobilität im Wohnquartier“ des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD). „Wir brauchen neue Mobilitätskonzepte und Akzeptanz in der Gesellschaft. Hier wollen wir vorangehen und Impulse setzen.“ 

Die Online-Umfrage „Wege und Wohnen“

  • Zeitraum: 24.03. - 31.05.2022
  • Beteiligung: 1.102 Personen
  • Durchgeführt: TU Dortmund
  • Auftraggeber: HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH, Wohnungsbaugenossenschaft NEUES BERLIN eG und Wohnungsbaugenossenschaft Humboldt-Universität eG 

Bildquellen:
STAWAL
HOWOGE
VCD Verkehrsclub Deutschland e.V.