Technische Universität Berlin

Verfasser:innen:
Anna Beckmann
Katharine Wackler
Jessica Voth

Technische Universität Berlin, Labor für Integrative Architektur (LIA)
Prof. Finn Geipel

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Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag

Erläuterungsbericht:

VISION
In Berlins Randlagen zu Brandenburg bilden sich typische Muster der Stadtentwicklung heraus. Einfamilienhaussiedlungen und Kleingartenanlagen berühren unvermittelt Areale mit Geschosswohnungsbauten. Wie aneinander driftende Inselgruppen wirkend, bergen die jeweiligen Quartiere unterschiedliche Potentiale und Herausforderungen. Mit jeder Verdichtung werden daher Fragen lauter, welche Ortsbilder wir in Zukunft am Stadtrand kreieren wollen.

Unter dem Prinzip der Shaking-Hands soll an dieser Schnittstelle ein neuartiges Quartier entstehen, das als miteinander verbundener und verbindender Stadtteil den suburbanen Stadtraum zusammen wachsen lässt.

Mit dem Titel „ZUSAMMEN WACHSEN“ ist der Entwurf als eine Sammlung prototypischer Lösungen und Ansätze für ein innovatives und nachhaltiges Quartier zu verstehen, das nicht nur für sich allein steht, sondern mit Mehrwert auch seine Nachbar:innen einbezieht. Stadt und Natur. Alt und Jung. Wohnen und Arbeiten. Analog und digital. All das wächst zusammen mit dem umgebenden Stadtraum, den Nachbar:innen und der Natur. Eine neue suburbane Vielfalt vermittelt den Bewohner:innen das Stadtgefühl, das man schätzt und ermöglicht gleichzeitig Ruhe und Entfaltung, für die es in der Berliner Kernstadt zu wenige Orte gibt. Das städtebauliche Konzept baut dabei auf einem integrierenden räumlichen System auf, das eine Durchmischung städtischer Bedingungen schafft. Anonymität wird ersetzt durch nachbarschaftliches Vertrauen, eingebettet in ein grün durchzogenes Umfeld und bemessen am menschlichen Maßstab. Eine neue entschleunigte Urbanität, die lokal organisiert und global vernetzt ist

KONZEPT-QUARTIERSEBENE
Zentrales Motiv ist die Einbindung des Naturraums in den wachsenden Stadtkörper. Die Kulturlandschaft wird gezielt ins Quartier geführt und mit dem städtischen Raum verzahnt. Auf Grundlage des Puzzle-Gedankens spannen drei Grundbausteine – Stadtbaustein, Grünbaustein und vermittelnder Baustein – ein räumliches Netz auf. Als zentrales Element entsteht ein vernetzender Grünraum, der das Quartier in urbane Teilbereiche gliedert. 
Ein mehrschichtiges Erschließungssystem verknüpft die Bereiche untereinander und mit der Umgebung. Innerhalb der Teilbereiche werden, abhängig von den angrenzenden Randsituationen, unterschiedliche Musterbaufelder ausformuliert, um eine sensible Reaktion an bestehende Strukturen zu gewährleisten. Ergänzt werden die entstehenden Nachbarschaften durch bereichsspezifische Plätze (Versammler). Es entsteht ein komplementäres Gefüge sich ergänzender Qualitäten.

KONZEPT-BAUFELDEBENE
Entwickelt wurde ein generischer Ansatz für die Baufeldorganisation als Reaktion auf verschiedene bauliche Strukturen am Stadtrand. Unterschiedliche Körnungen und Atmosphären in den jeweiligen Randnachbarschaften führen zu verschiedenen Ausformulierungen des Musterbaufelds. Die sensible Reaktion auf die Umgebung gewährleistet kompatible Nachbar:innen und generiert eine Vielfalt im eigenen Quartier. Die entstehenden drei Musterbaufelder definieren unterschiedliche identitätsstiftende Zwischenräume und unterscheiden sich in ihrer Porosität, Maßstäblichkeit, Dichte, Durchwegung und Erschließung. 

FREIRAUM/UMWELT
Im unmittelbaren Kontakt zu vorhandenen landwirtschaftlich genutzten Naturräumen lassen sich identitätsstiftende Strukturen aus der Wechselbeziehung von Stadt und Landschaftsraum entwickeln. Die Kulturlandschaft wird in das Quartier gezogen und Pocket-Parks leiten wiederum aus dem Stadtraum in das Quartier ein. Ein abwechslungsreiches Freiraumgefüge mit unterschiedlichen Angeboten erzeugt eine diverse und lebenswerte Umgebung. Neben großzügigen Baumlandschaften und Liegewiesen gibt es auch kleinteilige Grünstrukturen für Sport und Spiel, sowie Begegnungs- und Aneignungsflächen am Übergang zur Landschaft.
Neben dem Aspekt der Naherholung integriert der Grünraum wichtige stadtökologische Aspekte. Der Grünzug unterstützt die Klimaresilienz der Stadt, indem er zum Beispiel als Frischluftschneise einer sommerlichen Aufheizung entgegenwirkt. 
Im Zentrum des Parks ist ein Wasser-Rückhaltebecken, das bei Extremwetterereignissen zur Retention herangezogen wird. Rigolen verlaufen unterhalb der Plätze zur zentralen Versickerung im Parkbereich. Das anfallende Oberflächenwasser auf den Baufeldern wird über Gründächer zurückgehalten. Im gesamten Quartier sind für den Ausgleich von versiegelten Flächen straßenbegleitend Versickerungsmulden vorgesehen. Als freiraumprägendes Element erhebt sich ein Hügel auf der Liegewiese. Dieser integriert eine Anlage zur Nahwärmespeicherung. Eine dezentrale Energieerzeugung, eingespeist über Photovoltaikanlagen, versorgt die quartiersinterne E-Mobilität.

MOBILITÄT
Quartiersinterne autonome Shuttle- und Lieferdienste und die Anbindung an andere Stadtteile mit dem ÖPNV ermöglichen in Zukunft den Verzicht auf das eigene Auto. Ein multimodales SWITCH-System und interne sowie übergeordnete Radwege schaffen ein breites Mobilitätsangebot und hohe Bewegungsqualität für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen.
Die interne Haupterschließung funktioniert über den Kiez-Loop, der an die S-Bahn Haltestelle andockt und jeden Quartiersbereich miteinander verknüpft. Ein übergeordneter SWITCH-Hub ist unmittelbar am Transitpunkt verortet. Loop-begleitende Stellplätze für mobilitätseingeschränkte Personen, Sharingstationen an Plätzen sowie haustürnahe Fahrradabstellflächen ermöglichen eine uneingeschränkte soziale Teilhabe und multimodale Bewegungsfreiheit.
Der ÖPNV und MIV wird über eine Bügelerschließung von außen durch das Gebiet geführt mit zentralgelegener Bushaltestelle und Kiezgarage. Bei Planungsbedarf können die Sonderbauten in den südlichen Eckbausteinen zusätzliche Parkplätze in Randlage aufnehmen. Mit der Zeit können die Garagen stufenweise umgenutzt werden.

NUTZUNG
Öffentlichkeit entsteht punktuell an urbanen Schnittstellen und im weiten Freiraum. Durch ausgewählte Nutzungsangebote in Randbereichen entstehen synergetische Ränder
Geplant ist eine Nutzungsmischung über das gesamte Quartier mit Schwerpunkt an der Bahnhaltestelle. Gebäudetypen nehmen neben der Hauptnutzung als Wohngebäude auch quartiersbereichernde Funktionen auf, die der Stärkung der Nachbarschaft dienen. Neue Formen von Wohnen und Arbeiten werden auch in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Daher sind ein Mix aus wohnverträglichen Gewerbe- und Produktionsstätten mit Kiezbüros entlang des Loops vorgesehen. DO IT YOURSELF-Angebote, wie z.B. Werkstätten, fördern ein ressourcenschonendes Zusammenleben. 

HÖHENENTWICKLUNG
Dichte und Höhenverlauf erstrecken sich von der S-Bahn-Seite zur Einfamilienhaussiedlung und passen sich verträglich an ihre Nachbar:innen an, um die Akzeptanz zu bestärken. Gebäude zur S-Bahn-Trasse übernehmen eine schallschützende Funktion zur Minderung der Lärmemissionen. Höhenakzente an Schnittstellen betonen das urbane Gefüge. Überwiegend sind fünfgeschossige Bebauung vorgesehen, um den menschlichen Maßstab zu wahren.