Bild über die Vielfalt der Menschheit

Forschungsprojekt Vielfalt in der Personalarbeit: Der Kultur-Check, der ans Eingemachte geht

Die HOWOGE wächst und wird bunter – aber wie sehr bildet ihre Belegschaft die Stadtgesellschaft Berlins ab? Wer bewirbt sich, wer überzeugt in den Bewerbungsverfahren, wer fühlt sich anschließend am Arbeitsplatz wohl? Welche Rolle spielen dabei neue Technologien und Künstliche Intelligenz? Für das Forschungsprojekt „HR 4.0 und Diversity“ lässt die HOWOGE einen Blick tief ins Innerste zu – dorthin, wo sich zeigt, welche Werte wie gelebt werden und welches Arbeitsumfeld sich daraus ergibt.

„An einem genauen Blick führt kein Weg vorbei. Vielfalt ist ein klarer Auftrag unserer Gesellschafterin. Als landeseigene Wohnungsbaugesellschaft haben wir eine sehr diverse Mieterschaft, was sich auch bestmöglich in der Belegschaft widerspiegeln soll“, sagt Christian Mackels, Leiter Aus- und Weiterbildung bei der HOWOGE. Auch mit Blick auf die Arbeitsmärkte gebe es eine größere Notwendigkeit denn je, bei möglichst unterschiedlichen Communities als potenzielle Arbeitgeberin wahrgenommen zu werden.

Das Projekt prüft das Zusammenspiel von Mensch und Technologie

Wissenschaftliche Partnerinnen des Verbundprojekts sind die Hochschule für Technik und Wirtschaft (htw) und die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) in Berlin. Das Besondere an ihrem fachübergreifenden Forschungsdesign: Es nimmt systematisch das Zusammenspiel von neuen Technologien und Diversity Management in den Blick.

Es gibt bereits Auswahlsysteme, die basierend auf Künstlicher Intelligenz (KI) Bewerbungen automatisch prüfen und eine Vorauswahl treffen. Allerdings kann entsprechende Software Diskriminierung verstärken. Zum Beispiel weisen Studien Fälle nach, in denen für IT-Jobs vor allem Männer vorgeschlagen wurden. Umgekehrt ist denkbar, dass diese Technologie so eingesetzt werden kann, dass sie Diversität fördert. Im Rahmen des Projekts beispielsweise wurden Technologien umfassend evaluiert, welche Formulierungen in Stellenanzeigen erkennen und korrigieren, die Frauen tendenziell von einer Bewerbung abhalten. Die HOWOGE setzt derzeit keine KI bei der Personalarbeit ein. Aber: „Wir möchten unsere digitalen Bewerbungswege überprüfen, inwiefern sie barrierefrei und diskriminierungsfrei sind, um dadurch eine vielfältige Unternehmenskultur aufstellen zu können“, begründet Bettina Stadtmüller, Referentin für strategische Personalentwicklung (bis 2023), das Erkenntnisinteresse der Wohnungsbaugesellschaft.

Wir möchten unsere digitalen Bewerbungswege überprüfen, inwiefern sie barrierefrei und diskriminierungsfrei sind, um dadurch eine vielfältige Unternehmenskultur aufstellen zu können.

Bettina Stadtmüller | Referentin für strategische Personalentwicklung (bis 2023)

Analyse der Karriereseite, Rund-Um-Check des Einstellungsverfahrens für Auszubildende

Zu den Teilschritten des Projekts zählt daher eine Analyse des digitalen Auftritts der HOWOGE, insbesondere ihrer Karrierewebsite. Welchen Eindruck vom Arbeitsalltag vermitteln die Bilder? Ist die Navigation intuitiv? Sagen die Texte das, was die HOWOGE vermitteln will? Sind sie verständlich, auch für Menschen, die nicht gut Deutsch sprechen oder mit dem Lesen Schwierigkeiten haben? Intensiv schaut sich das Projektteam zudem das Auswahlverfahren bei den Auszubildenden an. Auf die zwölf Plätze pro Jahrgang kommen meistens um die 400 Bewerbungen. Christian Mackels: „Hier lässt sich genau nachvollziehen, wer sich bewirbt, wer am Ende übrig bleibt und ob beim Auswahlverfahren unbewusst noch andere Kriterien eine Rolle spielen als Kompetenz.“

Was haben Vielfalt und Fehlerkultur miteinander zu tun?

Zur Analyse der Unternehmenskultur haben die Forscher:innen außerdem eine Mitarbeiterbefragung auf den Weg gebracht. Umfassend haben sie eigene Diskriminierungserfahrungen abgefragt, dazu offensichtliche Vielfaltskategorien wie Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aber auch verdeckte Faktoren wie Fehlerkultur. „Eine gute Fehlerkultur spielt im Diversity Management tatsächlich eine große Rolle“, so Bettina Stadtmüller. „Wer Fehler als normal akzeptieren und offen mit ihnen umgehen kann, hat meistens auch eine größere Bereitschaft, sich auf unterschiedliche Lösungswege einzulassen und damit auch auf unterschiedliche biografische Hintergründe und Perspektiven.“

Das Projekt „HR 4.0 und Diversity“ läuft noch bis Herbst 2022. Schon jetzt aber lassen sich einige Tendenzen ableiten. So profitiert die HOWOGE etwa von ihrem jahrzehntelangen Engagement für die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben. „Wir haben vor allem einen sehr vielfältigen Familienbegriff verankert, der über Mutter, Vater, Kind deutlich hinausgeht und auch die Sorge für andere Familienangehörige oder enge Freundschaften einschließt“, sagt Bettina Stadtmüller. Der Begriff der Diversität hingegen bedarf noch einer Übersetzung in den Arbeitsalltag hinein. Bettina Stadtmüller: „Die Kunst ist, ein gemeinsames Verständnis zu schaffen, dass Vielfalt keine Sonderstellung ist, sondern selbstverständlich. Möglichst alle unserer Mitarbeitenden sollen Vielfalt als etwas Positives erleben, das sie im Berufsalltag stärkt.“

Ändern, was geht – akzeptieren, was sich nicht ändern lässt

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts sollen in einzelne Handlungsfelder münden, die dann Teil der Personalarbeit der HOWOGE werden. „Dabei muss nicht alles möglich sein. Wir haben auch viel über die Grenzen von Diversity Management gelernt“, sagt Christian Mackels. So seien Ausbildungsberufe in der Immobilienwirtschaft für manche Communities nicht sehr interessant oder einfach unbekannt. „Darauf haben wir nur sehr begrenzten Einfluss. Wenn wir das wissen, können wir uns besser auf das konzentrieren, was wir in der Hand haben. Und das ist ziemlich viel.“

Gefördert durch das Institut für angewandte Forschung Berlin.

Weitere Informationen finden Sie unter:

www.ifaf-berlin.de


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