BHBVT Gesellschaft von Architekten mbH

Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsbeitrag

Leitidee

Der Baukörper entwickelt eine skulpturale Großform, die die städtebauliche Situation klärt und dem Schulkomplex einen eigenständigen Ausdruck verleiht.

Städtebau

Der Neubau erzeugt zur Schulstraße hin die gewünschte stadträumliche Wirkung, indem die Fluchtlinienvorgaben aufgegriffen werden. Der viergeschossige Baukörper folgt entlang dreier subtiler Knicke dem Verlauf der Straße. Durch die sich aus der giebelständigen Bauweise ergebende Dachsilhouette wird die Baumasse maßstäblich gegliedert. Der neu zu errichtende Schulkomplex trägt zur Beruhigung des heterogenen Umfeldes bei, das nach dem Leitbild der aufgelockerten und durchgrünten Stadt entwickelt wurde.
Die Grundrissfigur antwortet auf die spezifische Situation des Ortes. Nach außen hin wird das Grundstück durch die geschlossene Fassadenfront vor der Lärmemission des Straßenverkehrs geschützt. Nach innen hin öffnet sich die Gebäudestruktur dagegen und verzahnt sich mit dem Freiraum.
An der Ecke zur Heinz-Galinski-Straße wird ein markanter Kopf ausgebildet, der in Form eines tiefen Gebäudeunterschnittes den Haupteingang und die Adresse der Schule bildet. Am entgegen gesetztem Ende bildet die Turnhalle den Gebäudeabschluss. Hier befindet sich der Nebeneingang zur eigenständigen Erschließung der Sportflächen.

Freiraum

Der klaren, städtebaulichen Geste der Blockschließung steht ein weicher, sich entwickelnder Schulfreiraum gegenüber. Die organische Formensprache erzeugt einen räumlich vielfältigen Schulcampus und lädt zur Bewegung und zum Entdecken ein. Harte Oberflächen am Schulgebäude bieten multifunktionale Platzflächen als Treffpunkt, Spielort sowie als Bereich für Mensa und schuleigene Veranstaltungen. In der Tiefe des Grundstücks wird der Schulhof grüner, kleinräumiger und erzeugt Orte des Rückzugs und der Kommunikation. Es entsteht ein lebendiger Kontrast zwischen intensiv genutzten, robusten Oberflächen und Wegen und einem naturnahen Randbereich mit Gartencharakter. Grüne Inseln lockern den Schulhof auf, strukturieren den Raum und bieten Aufenthalt im lichten Schatten. Die Rippen der Schalenbetonkonstruktion des ehemaligen Speisesaals von Werner Düttmann bleiben wie selbstverständlich bestehen und erzeugen einen räumlichen Schwerpunkt als unbegrünte, schattenspendende Pergola im hinteren Hofbereich. Der gegenüberliegende Schulgarten wird auch außerhalb des Unterrichts zum ruhigen Rückzugsort. Der pflegeextensive Gartencharakter des gesamten Schulhofes wird durch ein zugrunde liegendes Regenwassermanagement unterstützt. Das Niederschlagswasser der Hof- und Dachflächen wird in bepflanzten Mulden-Rigolen gespeichert, verdunstet oder versickert. Die langsame Verdunstung verbessert das Mikroklima nachhaltig, die Versickerung erfolgt durch die belebte Bodenzone in unter der Mulde angeordnete Rigolensysteme. Ein ausreichendes Angebot an Aktionsflächen und eine dichte und robuste Bepflanzung verhindern das Betreten durch die Schüler:innen. Überschüssiges Regenwasser wird in unterirdischen Zisternen als Gebrauchswasser gespeichert und zur Bewässerung der Grünflächen in Trockenperioden genutzt.
Der Schulhof nimmt in seiner Multifunktionalität auch ein Ballspielfeld, eine 50m-Bahn mit Weitsprunganlage und ein Beachvolleyballfeld auf. Eine kleine Tribüne am Ballspielfeld ermöglicht auch die Nutzung der Fläche für Feste und Aufführungen. Die fließende, befestigte Fläche wird in allen Bereichen für Bewegung und freies Spiel genutzt. Als Kontrast zur robusten Bepflanzung werden die Wege- und Platzflächen in rau und rutschsicher abgeschliffenem Asphalt hergestellt. 
Ein großzügiger Vorplatz öffnet den Schulbau zum Stadtraum und wird Ort des Ankommens, der Begegnung und ein Treffpunkt vor und nach dem Unterricht. Ausreichend Fahrradabstellmöglichkeiten und barrierefreies Parken werden eingangsnah angeboten.

Architektur

Die Formensprache des Entwurfes folgt dem Gedanken, mit dem Neubau einen Identifikationspunkt für die Schüler:innen zu schaffen. Das Thema eines gemeinsamen Hauses aus mehreren einzelnen Häusern wird bildhaft umgesetzt. Die monolithische Großform wird rhythmisch gegliedert. Die Dachfigur entwickelt im Zusammenspiel mit Lochbild der Befensterung ein lebendiges Erscheinungsbild zur Schulstraße hin. Nach innen zum Schulhof hin wird der Gebäudekomplex in drei einzelne Häuser aufgelöst. Dadurch ergeben sich vielfältige Ein- und Ausblicke sowie Verschränkungen mit dem Freiraum. Während sich die städtische Seite des Gebäudes im robusten Material Mauerwerk ausdrückt, sind die Gebäudeeinschnitte zum Freiraum hin mit einer Holzverschalung versehen. Wie das Futter eines Mantels ist so die Innenseite mit einer eigenen Materialität versehen.
Die Doppelsporthalle wird als Teil des Gesamtentwurfs verstanden und daher in den Baukörper integriert.

Organisation

Die Grundgestaltung des Schulkomplexes kombiniert das Konzept einer innenliegenden Schulstraße für die Fachunterrichtsräume mit einzelnen, von diesem Rückgrat abgesetzten Schulhäusern der Compartments entsprechend der Berliner Schulbauinitiative. Die Erschließungsflächen sind durch kommunikative Aufweitungen rhythmisch gegliedert. Innerhalb der Compartments gruppieren sich die Klassenräume um das von zwei Seiten belichtete Forum. Der Teambereich der Lehrer liegt im Eingangsbereich mit Blickbeziehung zum Forum und erhält Tageslichtbezug über einen Gebäudeeinschnitt.
Unmittelbar dem Haupteingang zugeordnet befindet sich im Erdgeschoss der Mehrzweckbereich mit Mensa und Veranstaltungsraum. Dieser kann außerhalb der Betriebszeiten der Schule auch extern genutzt werden, da er räumlich vom übrigen Gebäude getrennt ist.

Materialkonzept

Es wird vorgeschlagen, den Neubau aus Mauerwerk zu errichten. Dieses traditionelle und zugleich nachhaltige Baumaterial wurde schon für die Schulen der Gründerzeit genutzt, die heute noch in Gebrauch sind. Damit fügt sich das Gebäude gut in den städtischen Kontext ein. Die Gebäudeeinschnitte nach innen hin erhalten eine vorvergraute Lärchenholzverschalung.
Im Inneren dominiert eine freundliche Anmutung durch helle Putzoberflächen und hölzerne Wandelemente und Einbauten aus Weißtanne.

Tragwerk

Das Gebäude wird in massiver Bauart aus Stahlbeton und Ziegelmauerwerk errichtet. Die Decken werden als sogenannte Flachdecken unterzugsfrei ausgeführt. Im Innenbereich werden sie durch Stahlbetonstützen punkgestützt und ermöglichen so eine flexible Raumaufteilung.
In Bereichen hoher Lastkonzentration ist die Ausführung der Außenwände in Ziegelbauweise zumindest im Erdgeschoss nicht möglich. So ist der Gebäudeeinschnitt im Erdgeschoß mit der Auskragung der Obergeschosse über dem Haupteingang nur in Stahlbeton realisierbar. Gleiches gilt für die großzügigen Bereiche des Mehrzweckraums, der Mensa und des Foyers. Zur Sicherstellung einer durchgängigen Ziegeloberfläche als Putzgrund erfolgt die Dämmung der Stahlbetonflächen in diesen Bereichen mit einem Porton-WDF.
Die Doppelsporthalle mit ihren großen Stützweiten wird ebenfalls in massiver Bauart ausgeführt.
Die Binder über der unteren Sporthalle sind feuerbeständige und schwingungsunempfindliche, vorgespannte Stahlbetonträger. Das Dach über der oberen Sporthalle wird als leichtes Holzdach mit Brettschichtholzbindern hergestellt. Der Vertikallastabtrag erfolgt in den Binderachsen über Stahlbetonstützen. Die dazwischenliegenden Außenwandbereiche werden mit Ziegeln ausgefacht.

Brandschutzkonzept

Das Gebäude gliedert sich aufgrund seiner Längenausdehnung in drei Brandabschnitte. Die Treppenräume sind so angeordnet, dass überall zwei bauliche Rettungswege gegeben sind und die erforderliche Rettungsweglänge eingehalten wird. Die Compartments sind brandschutztechnisch vom übrigen Gebäude getrennt.

Haustechnik und Lüftungskonzept

Das auf den Dachflächen anfallende Niederschlagswasser wird in einer Zisterne gesammelt. Überschüssiges Niederschlagswasser und im Außenbereich anfallendes Niederschlagswasser wird über Rigolen versickert. Das gesammelte Niederschlagswasser wird für die Bewässerung der Grünanlagen, zur Versorgung der WC-Spülungen und für die adiabate Kühlung der Abluft der Lüftungsanlagen genutzt.
Die Warmwasserbereitung (WWB) erfolgt im Schulgebäude dezentral über elektrisch betriebene Durchlauferhitzer. Für die Umkleiden- und Duschbereiche der Sporthallen und die Küche der Mensa erfolgt die WWB zentral über eine Frischwasserstation.
Die Wärmeversorgung erfolgt regenerativ durch eine reversible Luft-Wärmepumpe, die auch der Grundlastdeckung dient. Der zusätzliche Fernwärme-Anschluss deckt die Spitzenlast und versorgt die WWB. Die Wärmepumpe arbeitet besonders effizient im unteren Temperaturniveau und ist besonders für die Beton-Aktivierung und die Fußbodenheizung geeignet.
Die Beheizung der Unterrichtsräume erfolgt über ein in den Decken integriertes Leitungssystem zur Beton-Aktivierung. Flure und Nebenräume erhalten statische Heizflächen in Form von robusten Röhrenradiatoren. Die Sporthallen werden durch eine Niedertemperatur-Sportbodenheizung beheizt.
In den Sommermonaten erfolgt eine Kälteerzeugung durch die Luft-Wärmepumpe, die eine Grundlastdeckung in den Unterrichtsräumen ermöglicht. Die Räume werden hauptsächlich passiv über Nachtauskühlung durch die mechanische Lüftung gekühlt.
Die Belüftung der Unterrichtsräume erfolgt über zentrale Lüftungsgeräte. Die Geräte werden im 3.OG und in den Dachstühlen aufgestellt. Die Anbindung der Unterrichtsräume erfolgt über vertikale Versorgungskanäle. Ein effizienter Betrieb der Lüftungsgeräte ist durch Wärmerückgewinnung in Form von Kreislauf-Verbundsystemen gewährleistet. Die Abluft wird im Sommer adiabat gekühlt.
Die zentralen Lüftungsgeräte versorgen auch die Flure mit Zuluft. Diese strömt in die WC-Bereiche sowie die Umkleiden und Duschen über, wo sie als Abluft abgesaugt wird. Gefahrstoff- und Chemikalienschränke erhalten separate Abluftanlagen, die permanent in Betrieb ist. Ebenfalls erhält der Küchenbereich eine separate Lüftungsanlage, die im Dachstuhl angeordnet wird.
Die Sporthallen werden natürlich be- und entlüftet. Motorisch betriebene Fensterflügel öffnen sich automatisch zur Pausen-Stoßlüftung, um einen schnellen Luftaustausch und eine CO2-Abfuhr zu erreichen. Eine freie Nachtauskühlung im Sommer ist über motorische Fensterflügel mit entsprechendem Einbruchschutz gegeben.
Die elektrotechnische Ausstattung des Gebäudes entspricht den aktuellen Standards des Landes Berlin für die technische Ausrüstung. Dies betrifft die Elektroinstallation im Allgemeinen, jedoch vor allem auch die erforderliche IT-Verkabelung. Die Versorgung der elektrisch betriebenen Anlagen und der Beleuchtung erfolgt durch ein Stromversorgungsunternehmen.
Auf den Dachflächen sind Photovoltaikanlagen (PV) vorgesehen. In die Stromversorgung durch die PV werden vor allem die Wärmepumpe und die Sporthallen eingebunden, um eine größtmögliche Eigennutzung des erzeugten Stromes zu gewährleisten. Zur Verbesserung der Eigenstromnutzung wird ein Stromspeicher installiert.
Energetisch sinnvoll ergänzt wird das Anlagenkonzept durch den Einsatz von energieeffizienten LED-Leuchtmitteln. Eine präsenz- und raumtiefenabhängige Beleuchtungssteuerung führt das notwendige Maß an künstlicher Beleuchtung nach.